Arvid Kuritz beendete seine Karriere.
Vor ziemlich genau einem Jahr enstand dieses kuriose Bild: Auf der Heimreise von den World Games in Taiwan „snackt“ Arvid Kuritz bei einem Zwischenstopp in Hongkong einen Wolkenkratzer. Jetzt hat er die Schnauze voll, vor wenigen Tagen beendete er offiziell seine Karriere. Das hat in erster Linie gesundheitliche Gründe.
Die Teilnahme an den World Games 2009 in Kaoshiung war die Krönung der Karriere des Arvid Kuritz, die – was damals noch keiner ahnen konnte – nur wenig später jäh endete. Nach langer Verletzungspause hat Arvid jetzt offiziell seinen Rücktritt vom Leistungssport erklärt. Vor wenigen Tagen unterrichtete er den TSGV Albershausen, den württembergischen Landesverband sowie das Präsidium des Deutschen Sportakrobatik Bundes und bat darum, ihn aus den Kaderlisten zu streichen sowie die Nationale Anti Doping Agentur (NADA) über das Ende seiner Karriere zu informieren.
„Damit bin ich endlich den Schritt gegangen, der eigentlich schon längst fällig war und zu dem ich mich bereits vor einigen Monaten entschieden habe. Manch einem war vielleicht schon direkt nach meinem Unfall am 30. September 2009 in Portugal klar, dass dieser mein Karriereende bedeuten würde. Ich habe aber diese Entscheidung noch einige Zeit gut überdenken müssen“, erklärt Arvid.
Was war an diesem Mittwoch, den 30. September 2009, geschehen??? Es ist der allerletzte Tag vor dem Beginn der Europameisterschaft 2009. Für die besten Sportakrobaten des gesamten Kontinents steht noch ein letztes Abschlusstraining im Pavilhão Desportivo da Vila do Conde, der EM-Arena, auf dem Programm. Deutschland ist erst abends an der Reihe. Um kurz nach 20 Uhr springt Arvid einen gebückten Salto rückwärts, eigentlich eine seiner leichtesten Übungen. Es sollte aber für lange Zeit sein letzter Salto sein: „Eigentlich war die Landung ganz gerade, vielleicht habe ich beim Salto ein bisschen überdreht, aber da bin ich schon viel schlimmer gelandet“, versteht Arvid bis heute nicht, warum sein Knie damals plötzlich nicht mehr mitspielen wollte. Unter starken Schmerzen musste er per Krankenwagen aus der EM-Arena in Vila do Conde abtransportiert werden. Die portugiesischen Ärzte gaben zwar Entwarnung, damit lagen sie aber gründlich daneben. Nach der Rückkehr in die Heimat bekam Arvid die niederschmetternde Diagnose, dass sein Kreuzband gerissen war: „Mittlerweile sind seit meiner Operation fast neun Monate vergangen, schmerzfrei bin ich immer noch nicht. Mehr als ein halbes Jahr Physiotherapie und unzählige Arztbesuche habe ich in meinem bisherigen Heilungsprozess durchlaufen. Mittlerweile kann ich stolz und teilweise zufrieden sagen, dass ich wieder fast alles machen kann – wenn auch oft mit kleineren Einschränkungen oder nur für eine beschränkte Zeit.“ Nicht nur seine noch immer angeschlagene Gesundheit war ausschlaggebend für den Rücktritt, auch seine berufliche und private Situation bestärkte ihn in seiner Entscheidung: Im Frühjahr beendete der angehende Realschullehrer für Mathematik und Sport sein Studium und begann sein Referendariat. Seitdem nehmen die Schüler und die Schule einen Großteil von Arvids Zeit in Anspruch.
Mit dem Rücktritt des 25-Jährigen geht eine erfolgreiche Laufbahn zu Ende, die überhaupt nicht vorherzusehen war: Denn zur Sportakrobatik kam Arvid erst vor sechs Jahren und rein zufällig. Eigentlich war er Trampolinspringer, sogar Mitglied der deutschen Nationalmannschaft. Nach Aalen kam er lediglich, um sich während einer Sprunggelenksverletzung fit zu halten, weil das Aalener LLZ näher bei seinem Elternhaus lag als die Trainingsstätte der Trampoliner in Ruit. Wenig später war sein Fuß wieder gesund, aber von der Sportakrobatik konnte er sich nicht mehr losreißen. In seiner neuen Rolle als Untermann im gemischten Paar mit Dana Schmelzle fand er sich sofort zurecht und zusammen standen die beiden bereits 2005 bei der Europameisterschaft in Griechenland auf der Matte und sogar im Finale sowie 2006 ebenfalls im deutschen Aufgebot bei der WM in Portugal. Dann war für Dana Schluss. 2009 schaffte er es erneut auf die internationale Bühne. Gemeinsam mit Dennis Stach durfte er als Herrenpaar Deutschland bei den World Games vertreten. Diese besondere Ehre wird im Jahrzehnt bestenfalls einer guten Handvoll deutscher Sportakrobaten zuteil. Viele beneiden ihn dafür! Aufgrund des tragischen Vorfalls in Portugal blieben die World Games allerdings die einzige internationale Meisterschaft für das vielversprechende Herrenpaar.
Über seine Zeit bei den Sportakrobaten zieht Arvid positive Bilanz: „Ich durfte sehr viel erleben, habe sowohl in sportlicher als auch in privater Hinsicht viel gelernt und konnte viele neue Freunde finden. Auf der anderen Seite habe ich auch immer wieder die Ungereimtheiten, fehlende Transparenz und die endlosen, leider nicht immer fairen Diskussionen miterlebt. Alles in allem schaue ich aber gerne auf sechs Jahre Sportakrobatik zurück. Besonders danken möchte ich meinen Turnpartnern Dana Schmelzle und Dennis Stach, mit denen ich auf internationaler Ebene starten durfte. Des Weiteren hat mich Todor Kolev immer unterstützt, in ihm habe ich nicht nur einen Trainer, sondern auch einen Freund gefunden. Last but not least bleibt noch eine Person, die mich stets begleitet hat: Günther Mäußnest, der es mir und meinen Vereinskollegen möglich gemacht hat, zahlreiche Wettkämpfe im Ausland zu besuchen, und der immer sein ganzes Herz den Sportakrobaten des TSGV Albershausen gewidmet hat.“
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