Präsident Oliver Stegemann zur Lage des DSAB

| 23. August 2019 | 0 Comments

Alle drei Jahre treffen sich die DSAB-Mitglieder, das heißt sämtliche deutschen Landesverbände, zur Delegiertenversammlung. Dabei geht es nicht nur um die Neuwahl des DSAB-Präsidiums, die Präsidiumsmitglieder und allen voran DSAB-Präsident Oliver Stegemann legen außerdem Rechenschaft ab und berichten über die vergangene Legislaturperiode. Es ist – neben dem neugeschaffenen DSAB-Tag – die wichtigste Informationsquelle zu verbandspolitischen Angelegenheiten. Deshalb gibt es hier Auszüge aus der Rede des Präsidenten.

Oliver Stegemann
Oliver Stegemann (Foto: DSAB)

Das sagte Oliver Stegemann…

… zur Verwendung der zusätzlichen Mittel, die der DSAB vom BMI auf Grund der Qualifikation für die World Games (2017) erhalten hat:

Im Grunde haben wir alle zusätzlichen Mittel in die sportliche Entwicklung gesteckt, sei es für die Sportlerinnen und Sportler selbst als Zuschüsse für Welt Cups etc., oder sei es in die Ausbildung unserer Trainerinnen und Trainer. Ihr könnt daran sehen, dass wir alles dafür tun, unsere sportliche Entwicklung weiter voranzutreiben.

Besonders hervorzuheben ist, dass wir seit April dieses Jahres eine Choreografin beschäftigen, die gemeinsam mit Bundestrainer Igor Blintsov an einer Verbesserung unserer Sportlerinnen und Sportler und deren Übungen arbeitet.

Alle Maßnahmen sind im Protokoll des DSAB-Tages aufgeführt.

… zum Breitensport im DSAB:

Beim DSAB-Tag gab es einige Stimmen, die – aus meiner Sicht völlig zu Recht – eine stärkere Beschäftigung und Hinwendung zum Breitensport angemahnt haben. Wobei der Begriff Breitensport etwas in die Irre führt, denn Breitensport im DSAB hat ein ganz anderes Niveau als in anderen Sportarten. Insofern gibt es auch Bestrebungen, den Begriff zu verändern.

Wir als Präsidium und ich als Präsident haben uns diese Kritik sehr zu Herzen genommen. Mit Ulf Engelmann als kommissarischem Vizepräsidenten Breitensport haben wir aber inzwischen einen sehr engagierten und kompetenten Fachmann, der zusammen mit Otto Schröder, unserem Jugendreferenten, einen Prozess eingeleitet hat, in dem wir uns intensiv damit befassen, wie wir dem Breitensport und den Bedürfnissen der Sportlerinnen und Sportler gerecht werden können. Ein erstes Treffen hat bereits stattgefunden und wir werden nach den Sommerferien zu einer Tagung einladen, um die Ergebnisse zu diskutieren und dann umzusetzen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir zu sehr guten Ergebnissen kommen werden, die dann auch hoffentlich das Schisma zwischen WeNa und Breitensportprogramm beenden können.

… zu seinem neuen Mandat als Vorsitzender der Interessengemeinschaft der Nichtolympischen Verbände im DOSB (IG NOV):

Beim DSAB-Tag hatte ich auch angekündigt, dass ich im Dezember 2018 für die Sprechergruppe der IG NOV kandidieren würde. Ich hatte damals gesagt, dass ich glaube, dass wir in den nächsten vier Jahren zwingend Erfolg haben müssen, um nicht dauerhaft vom Prozess der Leistungssportreform ausgeschlossen zu bleiben und so den sportlichen Anschluss an die Weltspitze endgültig zu verlieren. Dieser Meinung bin ich heute mehr denn je.

Allerdings sind die Dinge etwas anders gelaufen. In der Woche vor der Wahl in Düsseldorf rief mich der damalige Vorsitzende der Sprechergruppe der NOV, Prof. Dr. Franz Brümmer an, und sagte: „Oli, Du musst den Vorsitz übernehmen.“ Er selbst habe ein Forschungsprojekt der DFG bekommen und könne nicht mehr für den Vorsitz kandidieren. Tja, da stand ich nun…

Ich habe dann mit meiner Frau gesprochen und mit ihr entschieden, dass ich das mache und mich um den Vorsitz bewerben werde. Denn es bleibt aus meiner Sicht dabei: Die nächsten vier Jahre sind entscheidend für das Überleben der NOV als Verbände mit dem Anspruch, Leistungssport auf internationalem Niveau zu betreiben. Ich habe das dann auch dem Präsidium des DSAB erklärt und habe dabei viel positive Resonanz erfahren. Natürlich bedeutet die Übernahme dieses Amtes, dass ich noch weniger Zeit habe; Zeit, die ich eigentlich in den DSAB stecken wollte. Auf der anderen Seite kann ich mich für die Weiterentwicklung des DSAB noch stärker einbringen. Denn da ich jetzt Vorsitzender der IG NOV bin, wurde ich auch in die Sprechergruppe der Spitzenverbände des DOSB gewählt. Dies ist ein wichtiges Gremium innerhalb des DOSB und diese Plattform nutze ich auch, um die NOV voranzubringen. Der Vorsitzende dieser Gruppe, der Präsident des Basketballbundes Ingo Weiß, aber auch Herr Hörmann selbst werden bestätigen können, dass ich keine Sitzung verstreichen lasse, ohne auf uns hinzuweisen. Mir ist bewusst, Herr Hörmann, dass ich da auch manchem etwas auf die Nerven gehe. Aber ich bin sicher, Sie würden an meiner Stelle nicht anders handeln. Denn inzwischen erhalten alle NOV zusammen (das sind ungefähr 20 Verbände) ca. 1,2 Prozent der Fördersumme für den Leistungssport. Das liegt einfach daran, dass die Leistungssportreform umgesetzt wird und dabei auch deutlich mehr Mittel vom Bund zur Verfügung gestellt werden. Wir, die NOV, haben aber an diesen Aufwüchsen kaum bis gar nicht partizipiert. Und so ist unser Anteil von ehemals 3 bis 4 Prozent auf den heutigern Stand von 1,2 Prozent abgesunken.

… zum ersten Sportsoldaten des DSAB:

Wir müssen Wege finden, wie wir unsere Talente auch jenseits der Schule halten können. Ihr kennt das alle selbst: Wenn die Schule zu Ende ist, verlassen uns unsere besten Sportlerinnen und Sportler, da sie zum Studium oder zur Ausbildung irgendwo hingehen und die Trainingsumfänge, die nötig sind, um international halbwegs bestehen zu können, nicht mit ihrer Ausbildung in Einklang bringen. Im Olympischen Bereich gibt es hierfür viele Instrumentarien, vor allem Beratung für duale Karriere, Plätze bei der Sportförderkompanie der Bundeswehr, den Bundes- und Landespolizeien etc. Um es konkret zu machen: Hätte Tim Sebastian sich nicht entscheiden, nach seiner Schulzeit weiter in der Sportakrobatik zu bleiben und wäre er nicht durch eine Beraterin für duale Karriere in Dresden unterstützt worden, hätte es keine Goldmedaille bei den World Games für uns gegeben. Wir müssen unsere Sportlerinnen und Sportler länger halten, dann sind herausragende Leistungen möglich.

In diesem Zusammenhang möchte ich Euch ganz aktuell über einen großen Erfolg informieren: Wir haben unseren ersten Sportler in der Sportförderkompanie der Bundeswehr. Erik Leppuhner (Dresdner SC, Untermann Herrengruppe) ist der erste Sportsoldat des DSAB! Spätestens zum 1. September 2019 wird Erik dort seinen Dienst antreten und kann sich intensiv mit seiner Herrengruppe auf die EM und vor allem die WM vorbereiten!

… zum ehemaligen Bundesstützpunkt in Pfungstadt:

Seit dem 01. Januar 2019 gibt es keine Bundesstützpunkte der NOVs mehr. Auch unser Bundesstützpunkt in Pfungstadt hat seine Anerkennung verloren. Allerdings wird Pfungstadt weiter der Ort bleiben, an dem wir Kaderlehrgänge abhalten werden, so dass sich an dieser Stelle wenig ändert.

Dennoch ist die verlorene Anerkennung als Bundesstützpunkt aus meiner Sicht fatal. Denn wir müssen unsere besten Athletinnen und Athleten eigentlich noch stärker zusammenbringen und dauerhaft miteinander trainieren lassen. Als Beispiel mag Belgien dienen. Dort werden alle Spitzensportler ab einem gewissen Alter am Stützpunkt zusammengezogen. So können Sie die ganze Woche mit den besten Trainern, Choreographen etc. trainieren. Und so können auch Formationen zusammengestellt werden, die zueinander passen. Auch hier passt wieder das Beispiel von Tim Sebastian und Michail Kraft: Tim ist aus Dresden, Michael aus Riesa. Wäre Tim nicht bereit gewesen, fünfmal die Woche nach Riesa zu fahren, hätten wir in Dresden einen Weltklasse-Untermann und in Riesa einen Top-Obermann gehabt, aber kein Herrenpaar auf Weltniveau.

Deshalb ist sicher: Wir müssen einen Stützpunkt schaffen, um dauerhaft erfolgreich zu sein.

… zum Aufbau eines neuen Stützpunktes in Dresden:

Über viele Jahre war Pfungstadt der ideale Bundesstützpunkt, an dem sich am Wochenende die Kader getroffen haben, um dort zu trainieren. Inzwischen hat sich die Sportakrobatikwelt verändert. Das internationale Leistungsniveau ist enorm gestiegen und mit Kaderlehrgängen am Wochenende oder in den Ferien ist es nicht mehr getan, wenn man Anschluss an die Spitze halten will. Viel mehr brauchen wir einen Stützpunkt, der auch Lebensmittelpunkt der Sportlerinnen und Sportler ist. Sie sollen hier neben der schulischen und beruflichen Ausbildung täglich mit dem Bundestrainer, der Choreografin usw. trainieren könne. Hierfür brauchen wir einen Ort, an dem es eine Sportschule gibt, so dass Sport und Schule nicht im Gegensatz zueinander stehen. Zudem brauchen wir einen Ort, an dem sich die besten Sportakrobatinnen und Sportakrobaten einfinden, um so die besten Formationen zusammenstellen zu können. Und schließlich soll ein solcher Stützpunkt die Möglichkeit bieten, herausragende Athletinnen und Athleten auch nach der Schule halten zu können, damit wir sie nicht schon vor Erreichen des Leistungszenits wieder verlieren. Ich bin überzeugt, dass wir langfristig keinen Erfolg mehr haben werden, wenn wir nicht die Strukturen dafür schaffen.

Aus diesem Grund haben wir erste Gespräche mit dem Dresdener SC aufgenommen. Unser Ziel ist es, in Dresden in Kooperation mit dem DSC einen Stützpunkt aufzubauen, der all die vorbeschriebenen Anforderungen erfüllt. Mit dem Präsidenten des DSC haben wir schon erste Gespräche führen können und sind dort auf viel Wohlwollen und ein großes Interesse an einer Kooperation gestoßen. Wir werden diesen Weg weiter verfolgen, denn nur so können wir einen Ort schaffen, an dem wir unsere Talente optimal vorbereiten können, um die Ziele zu erreichen, die wir uns aufgegeben haben.

Mir ist klar, dass dies nicht überall Begeisterungsstürme hervorbringen wird. Ich sehe jedoch keinen anderen Ort, an dem sich alle Anforderungen an einen Stützpunkt erfüllen lassen. Zudem wird dies ein Prozess sein, der sich über mehrere Jahre hinziehen wird, denn wir werden das aus eigener Kraft schaffen müssen. Ich sehe nicht, dass wir für NOV-Stützpunkte mit nennenswerten Zuwendungen seitens des Bundes rechnen dürfen. Daher möchte ich alle Beteiligten bitten, sich in diesen Prozess mit einzubringen und positiv zu unterstützen.

… zur notwendigen Professionalisierung:

Sowohl die NOV insgesamt als auch wir als kleiner DSAB müssen uns professionalisieren, um den gestiegenen Anforderungen im organisatorischen, fachlichen und medialen Bereich gerecht werden zu können. Wir sind da im Ehrenamt an vielen Stellen an und über unseren Grenzen. Ein Beispiel: In diesem Jahr haben wir erst sehr spät die Zuwendungsbescheide erhalten; das Schlimmste ist allerdings, dass wir von Festbetragsfinanzierung auf Anteilsfinanzierung umgestellt wurden. Das ist genauso kompliziert, wie es sich anhört. Ich will das hier nicht weiter ausführen, aber für Dieter Mertes bedeutet das einen enormen Mehraufwand: statt wie bisher die Kosten für die Kaderlehrgänge in einem Formular für das ganze Jahr zu beantragen, muss ab sofort jeder Lehrgang einzelnen eingereicht werden. Für das ganze Jahr. Und die Kosten dürfen nur um 20 Prozent abweichen. Wir haben, ich weiß nicht, 20 bis 30 Blätter abgegeben, nur für Kaderlehrgänge. Und da kommen ja noch Meisterschaften, Welt Cups usw. dazu. Dieter war im ersten Moment kurz davor, alles hinzuwerfen, was Gott sei Dank nicht eingetreten ist. In Summa müssen wir aber erkennen, dass sich die Anforderungen derart erhöht haben, dass wir darauf reagieren müssen.

Zum anderen gehen mit einer Professionalisierung im richtigen Bereich unglaubliche Chancen einher. Gerade im Zeitalter der sozialen Medien bieten sich für unsere Sportarten ungeahnte Möglichkeiten, wenn man das gut macht. Dafür braucht man gute Leute, die die Welt der neuen Medien und seine Möglichkeiten verstehen und eine Nähe zu unserem Sport haben. Wenn die Übersetzung unserer Sportarten in attraktive bewegte Bilder gelingt, können wir für unseren Sport Aufmerksamkeit generieren, von der wir beim TV nur träumen können. Hierfür müssen wir Kapazitäten schaffen.

… zum geplanten Rücktritt des kompletten Präsidiums 2021:

Wir haben im letzten Jahr die Satzung geändert und die Legislatur des Präsidiums auf vier Jahre ausgeweitet. Dies geschah, um die Amtszeit der neugewählten Präsidien an die Förderperiode (also den World-Games-Zyklus) anzupassen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir aber in zwei Jahren (also 2021) alle gemeinsam als Präsidium zurücktreten, und dann ein neues Präsidium wählen, um in den Rhythmus der World Games zu kommen. Daher erwarte ich von allen, die zur Wahl stehen, dass sie 2021 gemeinsam mit mir zurücktreten. Alles andere wäre satzungsmäßig wahnsinnig kompliziert gewesen. Ich habe die Zusage aller Kandidierenden, dass sie sich an die Verabredung halten, so dass es keine Probleme geben sollte. Ich wollte dies aber heute nochmals ganz offiziell sagen, damit es keine Missverständnisse geben wird.

… zu seinen Präsidiumskollegen:

Es bleibt mir noch, mich bei den Kolleginnen und Kollegen im Präsidium zu bedanken. Es waren drei intensive Jahre. Wir haben vieles geschafft, was wir uns vorgenommen haben. In manchen Bereichen haben wir neue Prozesse angestoßen, so zum Beispiel bei der Trainerausbildung. In diesem Jahr findet zum zweiten Mal eine FIG-Trainerakademie mit starker deutscher Beteiligung statt. Besonders freut mich, dass es gelungen ist, einen potentiellen Nachfolger für Dieter Mertes zu finden. Mit Thomas Wierer haben wir einen Mann gefunden, der in den nächsten zwei Jahren die Aufgaben von Dieter sukzessive übernehmen wird.

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Category: Personalien und Verbandsangelegenheiten

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