Unsere Stars für Baku (2): Aufgeben is ni*!
*sächsisch für „kommt nicht infrage“
Katharina Bräunlich (18), Laura Jolitz (17) und Flora Sochor (14) vom Dresdner SC reisen heute nach Baku (Aserbaidschan) und vertreten dort ab Mittwoch Deutschland bei den (ersten) Europaspielen. Nur fünf Sportakrobaten aus der ganzen Bundesrepublik dürfen überhaupt mit.
„Im Moment ist es vor allem die Vorfreude, die von Tag zu Tag wächst – noch keine Aufregung“, erzählt Katharina. „Ich bin bei so großen Wettkämpfen weniger aufgeregt als bei den kleinen. Die Sächsische Meisterschaft letztes Wochenende lief gut, obwohl wir eine Woche lang durchtrainiert hatten mit zwei Einheiten täglich. Ich hatte davor fünf Tage lang komplett aussetzen müssen wegen einer Angina. Diese Pause wollten wir wieder wettmachen, entsprechend Muskelkater hatten wir.“
Der Start bei den Europaspielen ist die Krönung ihrer Karriere. Dabei war es zwischenzeitlich alles andere als sicher, dass es die drei 2015 nochmals zum Aushängeschild der deutschen Sportakrobatik bringen würden.
Es gab nämlich eine Phase, zwischen 2012 und 2014, da hätte jeder andere mindestens dreimal hingeschmissen: So viele Tiefschläge mussten Katharina, Laura und Flora zwei Jahre lang einstecken. Für sie kam Aufhören aber nicht infrage. Sie haben gekämpft und sich durchgebissen. Heute sind sie die dienstälteste Formation, die Konstante in der deutschen Sportakrobatik. Fast sieben Jahre – seit Mitte 2008 – turnen die drei gemeinsam im Trio. Eine Ewigkeit! Selbst weltweit will einem niemand anderes einfallen, der auch nur annähernd auf eine ähnlich lange gemeinsame Laufbahn zurückblicken kann. „Wir kennen uns in jeder Situation in- und auswendig!“
Anfangs ging alles wahnsinnig schnell und steil bergauf, die drei eilten unangefochten von Sieg zu Sieg: Schon 2009 gab’s die ersten Deutschen Meistertitel sowohl in der Schüler- als auch in der Jugendklasse – natürlich jeweils in ihrer Paradedisziplin Tempo. 2010 erhöhten die drei schon auf jeweils zwei Titel pro Altersklasse. 2011 dann dreifache Jugend-Meister. Zur Deutschen Junioren-Meisterschaft präsentierten Katharina, Laura und Flora dem Publikum damals bereits einen gestreckten Doppelsalto. Und durften anschließend erstmals zur Jugend-Europameisterschaft nach Varna (Bulgarien), wo sie nur um einen Platz am Finale vorbeischrammten. Ein halbes Jahr später bei der Jugend-WM in Orlando gelang den Finaleinzug und die drei turnten sogar auf Platz sechs von 21 Damengruppen. Damit ließen sie mehr Nationen hinter sich als alle anderen deutschen Starter.
Orlando war der Höhe-, aber auch große Wendepunkt ihrer Karriere. Denn einen Monat später setzte es bei der Deutschen Jugend-Meisterschaft den ersten großen Dämpfer – weitere sollten folgen. Ans Turnfest, die EM oder auch die DMM 2013 werden die drei wohl kaum gerne zurückdenken. Fast zwei Jahre lang konnten die erfolgsverwöhnten Katharina, Laura und Flora machen, was sie wollten. Mal waren es formale Fehler, mal Pech, und auch wenn das Trio seine Bestleistung abrufen konnte: Mehr als Platz zwei war nicht mehr drin, sie waren weg von der deutschen Spitze: „Die Kampfrichter haben entschieden, dass wir ihnen nicht mehr am besten gefallen.“
„Wir haben damals sehr an uns gezweifelt“, gibt Katharina zu. „Wir wussten nicht, warum wir immer nur den undankbaren zweiten Platz belegen und was wir anders machen sollen. Aber wir haben uns gesagt: Es kommen bessere Zeiten.“
„Vielleicht war das im Nachhinein aber auch gar nicht so schlecht. Für die Motivation hat es uns eher geholfen. Wir haben uns noch mehr zusammengerissen, noch mehr gearbeitet und noch öfter den Schweinehund überwunden, wenn wir bei 30 Grad eigentlich lieber am Pool gelegen hätten.“
Am Ende dürfte es vor allem das Miteinander und der bedingungslose Zusammenhalt gewesen sein, der das Trio seine Krise hat überwinden lassen. Dieses „Jeder für Jeden“, das die Dresdner Sportakrobaten insgesamt so ausmacht. Nicht nur in der Turnhalle. „Gemeinsam gewinnen, gemeinsam verlieren“, ist ja auch das Motto von Trainerin Petra Vitera, übrigens Katharinas Tante. Und Nachbarin. Laura wohnt sogar im selben Haus wie Katharina. Zu Flora sind es 200 Meter. Und im gleichen Umkreis wohnen unter anderem die Löhmanns, die Leppuhners, die Jasefs… Und es handelt sich nicht etwa um ein Internat. Noch Fragen? Dresdner Familienbetrieb!
Zurück auf die Siegerstraße fanden Katharina, Laura und Flora bei der WM 2014, wo sie ihren überzeugendsten Auftritt seit Orlando ablieferten. Der hätte zwar sportlich locker fürs Finale und damit für eine kleine Sensation gereicht, wegen eines Missgeschicks wurde es mit dem Endkampf dennoch nichts. Aber der Bann war gebrochen: Bei der Deutschen Meisterschaft präsentierten sie sich so gut wie kein deutsches Senioren-Trio seit mindestens zehn Jahren. Die Nominierung zu den Europaspielen war die logische Konsequenz.
Leider sind die drei nicht nur mental gewachsen, sondern insbesondere Flora auch körperlich. Laura ist inzwischen nur noch ein oder zwei Zentimeter größer. Den Oberfrauen der internationalen Konkurrenz kann Flora locker auf den Kopf spucken.
Wie lange die drei so überhaupt noch zusammenturnen können, blenden sie vorläufig noch völlig aus. Erst nach den Europaspielen werde man sehen, wie es weitergeht.
Großer Traum Tempo-Finale
Beim Welt Cup in Genf vor wenigen Wochen schafften es Katharina, Laura und Flora mit Platz vier fast aufs Treppchen und konnten drei Trios, auf die sie auch in Baku treffen, hinter sich lassen: Aserbaidschan, Israel und Frankreich. Bleiben noch Russland, England, Belgien, Weißrussland, die Ukraine, Portugal und Polen – insgesamt elf. Zumindest die letzten zwei kochen auch nur mit Wasser.
Großer Traum des Trios ist nach wie vor die Qualifikation fürs Tempo-Finale. „Den gestreckten Tsukahara haben wir wegen Floras Wachstumsschub allerdings nicht gepackt“, erklärt Katharina. „In der Quali werden wir auch den [zweiten, gehockten] Tsukahara am Ende der Übung durch einen Doppelsalto ersetzen. Lieber sicher und sauber.“ Falls die Qualifikation fürs Tempo-Finale gelingt, könnten sie den aber wieder aus dem Hut zaubern.
Heute ist Anreise, Sonntag bis Dienstag Training, Mittwoch Qualifikation, Freitag Mehrkampffinale (für alle) und Sonntag hoffentlich die „kleinen“ Finals. Dazwischen jeweils ein Trainingstag. Da dürfte aber trotzdem genug Zeit bleiben, auch etwas von Baku und dem Rest der Europaspiele mitzubekommen: „Wenn es geht, wollen wir uns auf jeden Fall auch die Wettkämpfe im Wasserspringen anschauen, da starten noch weitere Schüler vom Schulsportzentrum Dresden“, sagt das Trio.
Category: Europaspiele 2015 in Baku
Hallo Ihr Lieben,
wir wünschen Euch viel Glück und Erfolg – natürlich auch viel Spass. Zeigt was ihr drauf habt. Das gilt natürlich für alle Sportler – nicht nur für Käthe, Laura und Flora.
LG Gabi