In Tempo mit einem Jugend-Programm zur Weltmeisterschaft

| 3. April 2012 | 7 Comments

Katrin Borchert und Sophie Brühmann

Katrin Borchert (25), Pädagogin aus Kassel, und Sophie Brühmann (16), Schülerin aus Erbstetten: Deutschlands jüngstes ältestes Damenpaar. In eineinhalb Wochen treten die beiden in der Altersklasse Senioren bei der WM in Orlando an – als Ersatz für die verletzten Janina Hiller und Sophia Müller. Noch vor einem Monat hätten sie das nicht einmal im Traum für möglich gehalten. Ein Interview.

Fotomontage: Katrin und SophieSchipfel: Das einzige gemeinsame Bild von Euch beiden war bislang eine Fotomontage: Kugel auf einem Arm. Beherrscht Ihr das auch in echt?
Katrin: „Nur auf zwei Händen…“

Schipfel: Immerhin! Und sonst? Was werdet Ihr in Orlando zeigen?
Sophie: „In Balance läuft’s gar nicht so schlecht. Sowohl auf den Händen als auch auf den Füßen machen wir Aufgrätschen, Mexicanga und eben Kugel. Dann noch auf der Kerze einarmigen Grätschwinkelstütz und Spagat.“

Schipfel: Und in Tempo?
Katrin: „In Tempo können wir leider nur mit einem Jugend-Programm an den Start gehen: Salto vorwärts gebückt, zwei Überwürfe, Aufgang in den Handstand und in den Mexicanga sowie eventuell Schraubensalto oder halt nur Salto rückwärts gestreckt.“

Schipfel: Nach drei Wochenenden Training ist das doch ganz gut…
Katrin: „Streng genommen waren es bis jetzt sogar nur zweieinhalb Wochenenden. Todor Kolev hat mich am Samstag, den 17. März morgens angerufen und gefragt, ob ich zusammen mit Sophie für die verletzten Janina und Sophia einspringen könnte. Ich habe natürlich erst mal nein gesagt. Aber dann hat er mir erklärt, dass es für Deutschland aus finanziellen Gründen sehr wichtig ist, ein Damenpaar am Start zu haben – egal wie gut oder schlecht. Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich Deutschland dann in der Disziplin Damenpaar für die World Games qualifiziert. Am Nachmittag war ich schon in Aalen und Sophie und ich haben ein paar Sachen ausprobiert.“

Schipfel: Und dann habt Ihr gleich zugesagt?
Katrin und Sophie: „Wir haben beschlossen, das Ganze erst einmal zwei Wochenenden lang zu testen. Am ersten Wochenende ging echt gar nichts. Aber eine Woche darauf lief es dann schon viel besser. Also haben wir schließlich zugesagt. Es geht darum, etwas für unser Land und für unsere Sportart zu tun. Das ist eine große Ehre und da wollen wir natürlich helfen. Wenn wir abgesagt hätten, hätten wir alle Hoffnungen auf einen Startplatz in der Disziplin Damenpaar bei den World Games zunichte gemacht.“

Schipfel: Was stand auf der Contra-Liste?
Katrin und Sophie: „Die Angst, dass sich in Deutschland alle das Maul über uns zerreißen und wir als WM-Touristen hingestellt werden.“
Katrin: „Dabei kann sich keiner vorstellen, wie schlecht es einem geht, wenn man nach so langer Pause wieder voll trainieren soll, nach dem ersten Wochenende bin ich echt schier gestorben.“

Schipfel: Hast Du wirklich ein Jahr lang überhaupt nicht mehr trainiert?
Katrin: „Jedenfalls bin ich nicht wirklich fit. Ich habe zwar immer mal wieder ein bisschen was gemacht und bin zum Glück auch gelegentlich einen Salto gesprungen, aber ich habe keine Kraft mehr – und daran ist in so kurzer Zeit auch nicht viel zu ändern.“

Schipfel: Wurden vor Euch noch andere gefragt?
Katrin und Sophie: „Keine Ahnung…“

Schipfel: Mit wie viel Training werdet Ihr unterm Strich in Orlando starten:
Sophie: „Dreieinhalb Wochenenden in Aalen – darunter das lange Osterwochenende – und zwei Tage in Kassel.“

Schipfel: Wer trainiert Euch?
Katrin und Sophie: „Todor und Vitcho Kolev und Elfriede Baumann-Stoll in Aalen, Olga Mehlhaff und Penny Horchler in Kassel.“

Schipfel: Mit welchen Musiken, Choreografien und Anzügen werdet Ihr auf die Matte gehen?
Sophie: „In Balance und Kombi zeigen wir die alten Übungen von Lea und mir. In Tempo haben wir eine komplett neue Übung bekommen.“
Katrin: „Einen Anzug haben wir von Sandra Stoll, Sabrina Hegele und Marina Gräßle, einen von Julia Leis, Michaela Mendra und Marie-Christine Hubert und dann tragen wir noch einen alten von mir und Marisa Papy.“

Schipfel: Mit welchen Zielen fahrt Ihr nach Orlando?
Katrin und Sophie: „Leider sind wir halt gar nicht gut vorbereitet. Wir müssen uns mit dem begnügen, was unter diesen Umständen machbar war. Schließlich wollen wir auch kein Risiko eingehen, so etwas wird sonst schnell gefährlich. Unser Ziel ist es, das für uns machbare Programm sauber durchzuturnen. Die Krönung wäre natürlich, wenn sich der ganze Aufwand am Ende gelohnt hat und für Deutschland ein Ticket für die World Games rausspringt.“

Schipfel: Wie geht es nach der WM weiter?
Katrin: „Dann geht’s sofort wieder zurück in die Sportlerrente. Auch wenn es schon ein schönes Gefühl ist, wieder zu turnen. Und natürlich ist es auch schön, gebraucht zu werden. Aber mein Rücken würde das auch gar nicht länger mitmachen.“
Sophie: „Wir werden sehen, was sich als Nächstes ergibt…“
Schipfel: Vielen Dank für das Gespräch!

Tags: ,

Category: Personalien und Verbandsangelegenheiten, WM 2012 in Orlando

Comments (7)

Trackback URL | Comments RSS Feed

  1. Rina sagt:

    Für was für einen Verein geht Sophie eigentlich jetzt an den Start??? Erbstetten oder Hofherrnweiler??

  2. Sophia M. sagt:

    Um den Spekulationen und Diskussionen ein Ende zu bereiten habe ich mir gedacht, mich einfach selbst einmal zu äußern. Ich selbst habe mich dagegen entschieden mit jemand anderem als Janina auf die Matte zu gehen. Janina und ich turnen seit mehr als 11 Jahren zusammen ohne jemals mit einem anderen Partner geturnt zu haben. Ich denke Sophie ist genau die richtige für diese Aufgabe. Sie kann sich sehr schnell auf neue Partner einstellen.
    Den anderen WM-Teilnehmern und vor allem Katrin und Sophie wünschen wir ganz viel Glück und eine schöne Zeit!

  3. Jacky sagt:

    [quote name=“marion“]Aber warum nicht Sophia als Oberfrau?
    Wünsche den beiden dennoch viel Erfolg.[/quote]

    vielleicht weil janina es nicht möchte?

  4. marion sagt:

    Aber warum nicht Sophia als Oberfrau?
    Wünsche den beiden dennoch viel Erfolg.

  5. Julia sagt:

    Ich finde es super wie die beiden und vorallem Kathrin nach so einer langen Pause da durch beißt und es durchzieht!!! Und wenn man sie als “WM Touristen“ bezeichnet, sollte man sich mal selbst an die Nase fassen und überlegen ob man wie Kathrin lieber nicht so schwierige Sachen turnt, sondern turnt für IHR Land!!
    Respekt

  6. Akrofan sagt:

    [quote name=“abc“]Siehe das neue Interview von Schipfel mit dem nachnominierten Damenpaar:

    Es geht nicht um Talent oder puren Aktionismus. Es geht lediglich um den Startplatz bei den World Games und den erreicht man Gott sei Dank einfach. Und damit hat der DSAB Gelder sicher und die sind in so einer Randsportart ohne Sponsoren einfach unbedingt notwendig.[/quote]

    Ich kann hierzu nur so viel hinzufügen, dass ich aus Kreisen des DSAB gehört habe, dass solch ein Start bei World Games und auch bei den Weltmeisterschaften (nicht Age Group Games) extrem wichtig ist. Wären das Trio aus Hofherrnweiler-Unterrombach und das Herrenpaar aus Albershausen 2009 nicht bei den World Games gewesen, hätte man jetzt keine Gelder gehabt, um eine deutsche Delegation nach Orlando zu schicken! Daher seien wir doch froh über alle Senioren, die die 15-Jahre-Altershürde schaffen und für Deutschland turnen!

  7. Luper sagt:

    Ich denke nicht, dass jemand auf die Idee käme, die beiden als „WM-Touristen“ zu bezeichnen. Dafür steckt einfach zu viel Aufwand hinter der Aktion. Respekt übrigens vor der enormen Einsatzbereitschaft der Sportlerinnen!
    Was mich allerdings schon mal interessieren würde: Wie hoch sind denn nun in etwa die Fördergelder, um die es hier geht? Wie groß ist der Anteil am Gesamtetat des DSAB? Man hat ja doch den Eindruck, als ginge es dabei um gewaltige Summen!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert