Nachlese zur Deutschen Meisterschaft

| 24. Oktober 2010 | 7 Comments

Nachlese zur Deutschen Meisterschaft

Eine Woche nach der Deutschen Meisterschaft der Junioren und Senioren in Ebersbach hat man so langsam den nötigen Abstand, um sich jenseits von hauchdünnen Entscheidungen, bei denen es mitunter nur um wenige Tausendstel ging, dessen bewusst zu werden, was man an den Wettkampftagen selbst vielleicht gar nicht so richtig registriert hat.

Deutsche Meisterschaft der Junioren und Senioren:  Medaillenspiegel14 Vereine konnten sich in den Medaillenspiegel eintragen. Die Gastgeber räumten dabei mit insgesamt acht Plätzen auf dem Siegertreppchen das meiste Edelmetall ab. In der Gesamtwertung musste Ebersbach nur Albershausen aufgrund der höheren Anzahl von Goldmedaillen vorbeiziehen lassen.

Das ist insofern schon ein bisschen bemerkenswert als diese beiden Klubs, die derzeit bei den Junioren und Senioren die Szene beherrschen, kaum fünf Kilometer Luftlinie voneinander entfernt liegen und bis vor kurzem noch gemeinsam als TSGV Albershausen auf Medaillenjagd gingen. Es sei folgende Überlegung gestattet: Wenn sich die damalige Cheftrainerin Petra Wachter vor gut drei Jahren nicht beim TV Ebersbach selbstständig gemacht hätte, hätte Albershausen diese Deutsche Meisterschaft der Junioren und Senioren in unvorstellbarerer Weise dominiert, nämlich mit elf von 21 Goldmedaillen. Der Abstand zu Mainz auf dem zweiten Rang mit zwei Goldmedaillen wäre gigantisch. Das ist schon Wahnsinn!

Sarah Haslinger und Lara  KielkopfUnd dabei wären für den TV Ebersbach mit Sicherheit noch drei weitere Medaillen dazugekommen, wenn sich Lara Kielkopf nicht wenige Tage vor der Meisterschaft bei einem simplen und tadellosen gestreckten Salto von den Schultern ihrer Partnerin Sarah Haslinger den Mittelfuß gebrochen hätte. So waren die beiden zum Zuschauen verdammt.

Der Blutdruck von Petra Wachter allerdings dürfte dankbar darüber gewesen sein. Es ist schon fraglich, ob die Trainerin noch drei weitere Übungen der eigenen Schützlinge ausgehalten hätte. Man konnte ja kaum mit ansehen, wie es sie bei den Auftritten ihrer Sportler vor lauter Aufregung keine Sekunde auf der Stelle hielt, sondern sie wie in einem unsichtbaren kleinen Käfig am Mattenrand immer hin und her tigern musste, Anweisungen, Tipps und Analysen vor sich hinmurmelte und jedes gelungene wie aber auch nicht ganz so saubere Element mitlebte, es bejubelte und beklatschte oder sich enttäuscht abwandte. Am liebsten hätte man ihr eine gewaltige Dosis Baldrian verabreicht. Die Anspannung eines Trainers bei einem so wichtigen Wettkampf scheint in der eigenen Halle noch erheblich größer zu sein als an irgendeinem anderen Fleck in der Republik.

Rosige Aussichten für die deutsche Sportakrobatik

Aber nochmal zurück zu Sarah und Lara, die – obwohl sie nicht an den Start gehen konnten – wie sie in diesem Jahr schon öfter bewiesen haben zu Recht Hoffnungsträger der deutschen Sportakrobatik sind. Und nicht nur diese beiden: Im gleichen Atemzug sind auch Tamara Kämpfert, Hannah Schmid und Valery Maslo (ebenfalls Ebersbach), Amber Roll, Julia Neumann und Shirley Klier (Schwerin), Katharina Bräunlich, Laura Jolitz und Flora Sochor (Dresden), Paulina Haas und Nisha Virmani (Mainz), Antia Hofmann und Laura Rahn (Taucha), Tim Sebastian und Rosa Löhmann (Dresden) sowie Alex Dik und Justice Niesar (Hoyerswerda) zu nennen. All diese Formationen haben in diesem Jahr schon zahlreiche Medaillen bei der Jugend- oder auch Schülermeisterschaft gewonnen und streben jetzt in die höheren Leistungsklassen. Die nächste Generation steht in den Startlöchern, selten ist das in der jüngeren Vergangenheit so aufgefallen wie in diesem Sportjahr, nicht zuletzt weil es von überproportional vielen Abschieden der „alten Garde“ geprägt ist. Da kann man wahrlich von Glück reden, dass gleich so viele vielversprechende junge Talente nachrücken. An ihnen wird die deutsche Sportakrobatik in den nächsten Jahren noch viel Freude haben. Die Aussichten sind im wahrsten Sinne des Wortes rosig und damit meine ich nicht nur das Dresdner Mixed Paar.

Katrin Borchert und Daniela MehlhaffAber die Hoffnung auf eine schlagkräftige deutsche Nationalmannschaft in den nächsten Jahren liegt nicht nur in der aufstrebenden Schüler- und Jugendklasse begründet: Es gibt auch vielversprechende Quereinsteiger wie derzeit insbesondere das Kasseler Damenpaar. Im Schatten von Janina Hiller und Sophia Müller hat sich Katrin Borchert zunächst mit Marisa Papy und seit zwei Jahren mit Daniela Mehlhaff zu einer echten Konkurrenz entwickelt. Noch reicht es nicht für die Sensation, aber in der mit vier Doppelsaltos bestückten Tempo-Übung kamen die „ewigen Zweiten“ bis auf wenige Zehntel an den Titel heran. Da kann man sich doppelt freuen: Zum einen werden so die nationalen Entscheidungen bei den Damenpaaren in der Seniorenklasse mal wieder spannend, zum anderen vollendet Daniela Mehlhaff im nächsten Jahr endlich ihr 15. Lebensjahr und das Paar mit zehn Jahren Altersunterschied erlangt somit erstmals überhaupt eine Startberechtigung für internationale Meisterschaften – und dann gleich bei den Senioren. Deutschland könnte also ab jetzt europa- und weltweit sogar mit zwei aussichtsreichen Damenpaaren in der höchsten Leistungsklasse vertreten sein.

Geschicktere Terminierung der Deutschen Meisterschaft statt intransparenter Ausscheidung

Im nächsten Jahr findet die Deutsche Meisterschaft der Junioren und Senioren übrigens schon sehr zeitig statt. Der Dresdner Sportclub hat sich beim DSAB um die Ausrichtung beworben und für den 25. und 26. Juni den Zuschlag erhalten. Der frühe Termin ist vom Ausrichter durchaus so gewollt: So kann die Entscheidung über die Nominierung der Nationalmannschaft für die Europameisterschaft 2011 in Bulgarien an der Deutschen Meisterschaft gefällt und eine intransparente Ausscheidung wie in diesem Jahr in Pfungstadt vermieden werden. Davon war Dresden ja auch betroffen.

Apropos: Wer bei der Deutschen Meisterschaft auf eine nachträgliche Legitimation der damaligen Entscheidung hoffte, wurde nur teilweise zufrieden gestellt. Zwar wussten sowohl Ann-Sophie Behrendt, Jean Vetter und Wlada Maslyakova als auch Lea Sauter, Ulrike Bergmann und Helen Bergmann zu überzeugen, der Fünfkampf von einst war allerdings nur noch ein Zweikampf: Das Mainzer Trio Mona Rheinberger, Lorena Mager und Amina El Zenary musste die gemeinsame Karriere im Sommer aus gesundheitlichen Gründen an den Nagel hängen, die Schwerinerinnen Pauline Geu, Julija Steinhagen und Nele Basler konnten verletzungsbedingt nicht antreten und gaben inzwischen ebenfalls ihr Karriereende bekannt und die Dresdner Damengruppe Nicole Engelmann, Romy Walter und Hanna Kulbe wichen in die Altersklasse Senioren aus, vermutlich um sich bei den Junioren nicht mit den Kolleginnen aus dem eigenen Verein Katharina Bräunlich, Laura Jolitz und Flora Sochor sowie Melanie Popp, Stephanie Jauer und Franca Schamber um die Platzierungen streiten zu müssen.

Als abschließende Randnotiz zur Deutschen Meisterschaft in Ebersbach sei noch gesagt, dass das Thema der illegalen Wettkampfanzüge offenbar ebenso schnell wieder von der Tagesordnung verschwunden ist wie es bei der Deutschen Jugendmeisterschaft vor vier Monaten plötzlich aufgebracht wurde. Mancher Zuschauer, Sportler, Trainer oder Kampfrichter staunte in Ebersbach nicht schlecht, dass das schon wieder niemanden mehr zu interessieren schien. Abzüge wurden jedenfalls offenbar keine verteilt. Diese kleine Episode darf man also wohl in der Rubrik Schuss in den Ofen ad acta legen.

 

Turnanzug und Gymnastikanzug Sulvinja

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Category: Deutsche Meisterschaften, Statistik, Historie & Ehrungen

Comments (7)

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  1. Anna sagt:

    Hat nicht das Damenpaar aus Kassel in der Balancekür einen Abzug von 0,3 wegen dem hautfarbenen Trikot bekommen? Oder war das ein Zeitfehler?

  2. Nina sagt:

    Was ist denn nun mit dem Anzügen? Ab wann wird denn etwas abgezogen?? An der DM gab es so viele Anzüge, die ganz schulterfrei waren!! Wäre toll, wenn sich dazu mal jemand Offizielles äußern könnte, denn ansonsten weiß ja keiner mehr, was denn nun stimmt und an was man sich halten soll!!!

  3. Marcel Becker sagt:

    Sehr schöner Beitrag!

  4. Fan sagt:

    [quote name=“Akrofan“]Hey Sebastian,

    super Beitrag!
    Mach doch mal einen Medaillienspiegel vom ganzen Jahr, das wäre auch mal interessant;)

    LG[/quote]

    Gute Idee. Würde allerdings so viel Arbeit machen, dass es schon wieder garnicht mehr umsetzbar ist.

  5. vivi sagt:

    mal wieder gut geschrieben 🙂
    das mit albershausen und ebersbach wäre echt der hammer 😀 über die hälfte aller medallien ^^
    aber wieso ist der verein nicht zusammengeblieben?

  6. Akrofan sagt:

    Hey Sebastian,

    super Beitrag!
    Mach doch mal einen Medaillienspiegel vom ganzen Jahr, das wäre auch mal interessant;)

    LG

  7. Trainer sagt:

    Gut geschrieben!
    Danke

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